Humanic – Avantgarde als Werbung im TV

Humanic TV Spot Klassiker

“Ich habe immer daran geglaubt, dass Kunst kommunizieren muss. Und kommuniziert haben diese Dinger!“, sagt Horst Gerhard Haberl. Von 1969 bis 1995 war der Grazer für den Werbeauftritt der Schuhmarke Humanic verantwortlich. Wer in dieser Zeit in Österreich gelebt hat, dem sind die TV-Spots im Gedächtnis eingebrannt.

Österreichs Avantgarde aus Kunst und Literatur erreichte mit den Clips ein Millionenpublikum: H. C. Artmann, Otto M. Zykan, Roland Goeschl, Anselm Glück, Richard Kriesche, Axel Corti sind nur einige der Personen, die in den rund 50 Spots ihre Kunst realisierten.

„Ich habe immer gehofft, dass dieses Beispiel Schule macht“, sagt Haberl, der später u. a. den Steirischen Herbst leitete. Doch obwohl die Humanic-Spots regelmäßig getestet wurden und nachweislich halfen, dem Unternehmen ein modernes Image zu verpassen, blieb irritierende, nicht auf Produkte bezogene Kunst in der Werbung selten. Dass es sie überhaupt geben sollte, war wohl einer günstigen Gemengelage in Graz Ende der 1960er zu verdanken.

Haberl arbeitete damals im Museum Joanneum und lernte den Humanic-Chef Hans Mayer-Rieckh, einen Kunstfreund und -sammler, bei Vernissagen kennen. Bei ihm fand der studierte Kunsthistoriker und Philosoph ein offenes Ohr: Als Leiter der Humanic-Werbeabteilung, die er prompt in „Abteilung Zukunft“ umtaufte, setzte Haberl auf das Medium TV und holte ein Team aus der Grazer Szene an Bord.

Neben Roland Goeschl, der mit gelb-rot-blauen Würfeln die frühen Spots prägte, wirkten der Grafiker und Künstler Karl Neubacher und andere Mitglieder des Kreativ-Teams „pool“ an den Produktionen mit. Der Literat Klaus Hoffer knüpfte Kontakte zu Dichtern, über persönliche Verbindungen gewann man Axel Corti als Regisseur der ersten Spots.

Corti war es auch, der den „Franz“ in die Welt setzte: Für einen Clip, in dem Goeschls Würfel gesprengt wurden (1971), schlug er mehrere Tonspuren vor, darunter zwei mit den Namen „Andreas“ und „Franz“. „Wir haben uns dann für Franz entschieden, weil in jeder Familie in Österreich ein Franz existiert“, sagt Haberl, dem das „Maskottchen“ – 1974 von Neubacher als Logo aus Hand und Fuß visualisiert – wenig bedeutet.

„Ein wesentliches Anliegen war, Kunst in die Öffentlichkeit zu kriegen“, sagt er. Dabei leistete die Schuhmarke auch Kunstförderung: Mit 100.000 Schilling (exklusive Produktionskosten) bekamen die Künstler „den Gegenwert eines Staatspreises“ als Honorar, sagt Haberl. Viele sahen darin auch ein Problem – der Dichter Ernst Jandl zog etwa einen vorbereiteten Spot in letzter Minute zurück. H.C. Artmann sprang an seiner Stelle ein: “Mein Vater war Schuster, warum nicht”, sagte er, erinnert sich Haberl.